L-Arginin

L-Arginin ist eine sogenannte proteinogene α-Aminosäure, das heißt, dass sie eine von 23 Aminosäuren ist, die Bausteine von Proteinen und somit direkt an der Proteinsynthese beteiligt sind. Von diesen 23 proteinogenen Aminosäuren ist Arginin diejenige mit dem höchsten Masseanteil an Stickstoff (N). Das Besondere an L-Arginin ist zudem, dass der Körper daraus Stickstoffmonoxid (NO) bilden kann. Dieses wiederum wirkt sich erweiternd auf die Blutgefäße aus und hilft daher bei kardiovaskulären Erkrankungen wie Bluthochdruck und Durchblutungsstörungen. Da es die Durchblutung verbessert, gilt es im Sportbereich als leistungssteigernd, insbesondere im Bodybuilding und Ausdauersport.

Arginin ist nicht nur eine proteinogene, sondern auch eine semi-essentielle, also bedingt lebensnotwendige Aminosäure. Semi-essentiell heißt, der menschliche Körper kann sie zwar selbst synthetisieren, aber in manchen Fällen, etwa bei extremer körperlicher Belastung oder erheblichem Stress, wird sie essentiell, muss also zugeführt werden.

Historisches

Dem deutschen Chemiker Ernst Schulze und seinem Doktoranden Ernst Steiger gelang es 1886 erstmals, Arginin aus Keimlingen der Gelben Lupine zu isolieren. Acht Jahre später schaffte es der schwedische Chemiker Sven Gustaf Hedin, L-Arginin mittels hydrolytischer Spaltung aus Hornsubstanz zu isolieren. Schulze hatte L Arginin aus einer pflanzlichen Quelle isoliert, Hedin aus einer tierischen. Hedin verglich seine Proben mit den Proben von Schulze und konnte so nachweisen, dass die Substanzen übereinstimmen.

Der Name Arginin hat indes seinen Ursprung im Lateinischen. Da es zunächst als Silber-Salz isoliert wurde, hat man es einfach nach Silber – lateinisch: argentum – benannt.

Funktion von Arginine

Arginine unterstützt den Organismus bei vielen verschiedenen biologischen Funktionen. Im menschlichen Körper entsteht es als Zwischenprodukt im Rahmen des Harnstoffzyklus, der der Synthese von L-Arginin dient. Der Harnstoffzyklus ist ein Prozess, bei dem stickstoffhaltige Abbauprodukte, insbesondere Ammonium, zu Harnstoff umgewandelt und durch die Nieren ausgeschieden werden. Es ist die Vorstufe von Stickstoffmonoxid (NO), einem bioaktiven Molekül, das bei der Gefäßerweiterung mitwirkt und als Neurotransmitter fungiert. Ein Enzym aus der Familie der Stickstoffmonoxid-Synthase (NO-Synthase) – das sogenannte endotheliale Stickstoffmonoxid-Synthase (eNOS) – katalysiert die Bildung von Stickstoffmonoxid aus L-Arginin. Es aktiviert das Enzym lösliche Guanylatcyclase und dieses wiederum bildet den Botenstoff cyclisches Guanosinmonophosphat (cGMP), welcher dafür sorgt, dass die glatten Gefäßmuskelzellen erschlaffen. Durch diese Gefäßerweiterung kann der Blutdruck reguliert werden. Dass L-Arginin dabei helfen kann, erhöhten Blutdruck wieder zu senken, wurde in mehreren wissenschaftlichen Studien nachgewiesen.

Menschlicher Bedarf an L-Arginin

Im Rahmen des Harnstoffzyklus können Menschen die Synthetisierung von  L-Argenin selbst bewirken, allerdings nicht in ausreichend großen Mengen. Die körpereigene Produktion reicht insbesondere bei sehr jungen und alten Menschen oft nicht aus, um den kompletten Bedarf zu decken. Und selbst bei Menschen, die sich zwischen diesen beiden Altersstufen befinden, besteht häufig ein Mangel, beispielsweise wenn sie unter Stress stehen, verletzt sind oder an bestimmten Krankheiten leiden, darunter Arteriosklerose oder Bluthochdruck. In solchen Fällen ist Arginin essentiell, muss also von außen zugeführt werden. Studien zufolge sind oxidativer und nitrosativer Stress sowie die Spiegel des endogenen Gegenspielers, des asymmetrischen Dimethylarginin (ADMA), dafür entscheidend, ob L-Arginin zugeführt werden muss.

Lebensmittel mit Arginin

L-Arginin ist sowohl in tierischen als auch in pflanzlichen Lebensmitteln enthalten, allerdings nicht als freies Arginine, sondern als chemisch gebundenes. 100 Gramm Hähnchenbrustfilet liefert 1.436 Milligramm L-Arginin (entspricht einem Anteil von 6,8 Prozent), 100 Gramm Schweinefleisch liefert mit 1.394 Milligramm (6,7 Prozent) fast genauso viel, 100 Gramm Lachs liefert etwa 1.221 Milligramm (6,0 Prozent), 100 Gramm Hühnerei immerhin 820 Milligramm (6,5 Prozent) und 100 Gramm Kuhmilch noch 119 Milligramm (3,6 Prozent).

Den größten Arginin-Anteil haben jedoch Kerne und Nüsse.

  • 100 Gramm Kürbiskerne liefern 5.353 Milligramm (17,7 Prozent)
  • 100 Gramm Pinienkerne liefern 2.413 Milligramm (17,6 Prozent)
  • 100 Gramm Walnüsse liefern 2.278 Milligramm (15,0 Prozent)
  • 100 Gramm geröstete Erdnüsse liefern 2.832 Milligramm (11,9 Prozent)
  • 100 Gramm Buchweizenkörner immerhin 982 Milligramm (7,4 Prozent)

Ein Mensch, der täglich zwischen 70 und 90 Gramm Protein zu sich nimmt, führt seinem Körper rechnerisch etwa ein bis fünf Gramm L-Arginin pro Tag zu. Zum Vergleich: Sechs Gramm L-Arginin haben eine Halbwertszeit von lediglich 1,5 bis zwei Stunden, sodass eine kontinuierliche Nahrungsergänzung damit sinnvoll erscheint.

Medizinischer Einsatz von Arginin

L-Arginin findet sich in der sogenannten Verordnung über diätetische Lebensmittel, einer deutschen Rechtsvorschrift. Diese befasst sich mit Lebensmitteln, die für eine besondere Ernährung vorgesehen sind. Die Aminosäure ist in der Anlage zu den „Zusatzstoffen und anderen Stoffen, die diätetischen Lebensmitteln zu ernährungsphysiologischen oder diätetischen Zwecken zugesetzt werden dürfen“ aufgeführt. Somit darf sie auch als medizinisches Nahrungsergänzungsmittel zum Einsatz kommen, wenn aufgrund verschiedener Erkrankungen eine unzureichende Zufuhr oder ein erhöhter Bedarf vorliegen. Zu diesen Erkrankungen gehören Arteriosklerose im Frühstadium, Bluthochdruck, endotheliale Dysfunktion (Funktionsstörung der Blutgefäßinnenwand) und – dies jedoch umstritten – auch erektile Dysfunktion.

Es liegen Studien und Forschungsarbeiten vor, wonach eine unterstützende Therapie mit L-Arginin – mitunter in Verbindung mit Vitamin B6, Vitamin B12 und Folsäure – bei Arteriosklerose (durch Ablagerungen verengte Arterien) und endothelialer Dysfunktion hilft sowie bei Erkrankungen des Herz-Kreislauf-Apparats, die auf Stoffwechselstörungen zurückzuführen sind. Im Rahmen einer Studie wurde nachgewiesen, dass durch Beigabe von L-Arginin der Blutdruck signifikant gesenkt werden konnte.

Mit L-Arginin werden sogar Kinder behandelt, beispielsweise wenn sie an einer Hyperammonämie leiden, einer angeborenen Stoffwechselstörung, die einen hohen Ammoniakgehalt im Blut zur Folge hat. Darüber hinaus wird L-Arginin in der Kinderheilkunde auch diagnostisch verwendet, um bei Minderwuchs abzuklären, inwiefern ein Mangel an Wachstumshormonen vorliegt.

Die Wirkung von L-Arginin wird in der Medizin nicht nur oral genutzt, um verschiedene Krankheiten zu behandeln, sondern beispielsweise auch im Rahmen einer Infusionstherapie in Form von L-Arginin-Hydrochlorid bei einer ausgeprägten metabolischen Alkalose, bei welcher der Blut-pH-Wert über 7,43 ansteigt. Darüber hinaus ist L-Arginin ein obligatorischer Bestandteil einer parenteralen Ernährung und kommt auch in verschiedenen Infusionslösungen und peroralen Diätetika vor.

In der Zahnmedizin kennt man L-Arginin als Bestandteil von Zahnpasta. Im Rahmen einer Studie wurde nachgewiesen, dass eine Zahnpasta mit L-Arginin, Calciumcarbonat und Fluorid eine verbesserte Remineralisierung bewirkt als eine Zahnpasta nur mit Fluorid.

Arginine als Nahrungsergänzungsmittel

Die Bodybuilding- und Muskelaufbau-Szene hat Arginine schon vor längerer Zeit als Nahrungsergänzungsmittel entdeckt, da es gefäßerweiternd wirkt. Damit soll sich der sogenannte „Pump“ verbessern, also der Zustand, in dem die Muskulatur durch das Training mit Gewichten prall und voll wirkt, weil die mechanische Belastung dafür gesorgt hat, dass mehr Blut in die Muskeln gepumpt wurde.

Auch Sportlerinnen und Sportler, die nicht mit Gewichten trainieren, können von L-Arginin profitieren. Das ergab eine Studie an der englischen Universität Exeter unter der Leitung des renommierten Professors Andrew Jones. Nach einer Supplementierung mit L-Arginin erhöhte sich die sportliche Leistung der Studienteilnehmer um 20 Prozent und ihre Wettlaufzeiten verbesserten sich um bis zu zwei Prozent. Letzteres erscheint auf den ersten Blick nicht sehr viel zu sein, doch beim Wettlauf entscheiden oft Hundertstelsekunden über den Sieg.

Die offensichtliche Leistungssteigerung durch L-Arginin liegt sehr wahrscheinlich daran, dass diese Aminosäure dabei hilft, zwei Wachstumshormone – Glukagon und Prolaktin – freizusetzen. Dies unterstützt einerseits den Aufbau von Muskulatur, andererseits die Fettverbrennung, sodass sich nicht so viel Körperfett ansetzt. Darüber hinaus hilft L-Arginin dabei, Lipide abzubauen. Es eignet sich daher als Nahrungsergänzungsmittel für Fitness-Sportler und Bodybuilder, die gleichzeitig Fett abbauen und Muskeln aufbauen wollen.

Gleichzeitig wirkt L-Arginin – neben Glycin und Methionin – an der Biosynthese von Kreatin mit, die in den Muskeln gebildet wird und zur Steigerung von Muskelmasse, Muskelkraft und Muskelleistung führt. Hinzu kommt, dass L-Arginin dabei hilft, Insulin auszuschütten, was dem Blutzuckerspiegel sowie Blutfettspiegel zu Gute kommt.

Darüber hinaus trägt L-Arginin indirekt dazu bei, dass man besser einschlafen oder durchschlafen kann. Denn L-Arginin überführt schädliches Ammoniak, welches durch den körpereigenen Proteinstoffwechsel entsteht, in Harnstoff. So verhindert es, dass Ammoniak in den Blutkreislauf eintritt. Schlafstörungen oder Probleme beim Einschlafen können auf einen zu hohen Ammoniakspiegel zurückzuführen sein. Daher empfiehlt es sich, L-Arginin in solchen Fällen abends oder vor dem Schlafengehen einzunehmen.

L-Arginin als Potenzmittel

Da L-Arginin in hohen medizinischen Dosen eine gefäßerweiternde Wirkung hat und somit die Durchblutung verbessert, wird angenommen, dass es auch einen Einfluss auf Erektionen hat. Doch bislang gibt es keine wissenschaftlich fundierten Langzeitstudien, die nachweisen, dass die Menge an L-Arginin, die in gewöhnlichen Nahrungsergänzungsmitteln enthalten ist, tatsächlich die Erektionsfähigkeit verbessert.

Einnahme und Dosierung von L-Arginin

Je nach Verwendungszweck wird L-Arginin in verschiedenen Produktformen angeboten, meist mit L-Arginin-Base oder Arginin-HCL als Rohstoff. Als Nahrungsergänzungsmittel ist L-Arginin sowohl in Kapsel- als auch in Pulverform erhältlich, einerseits hochdosiert und pur, andererseits in Kombination mit anderen Zusätzen. Die Kapseln sind in den meisten Fällen sogar vegan.

Besonders beliebt ist eine Wirkstoffkombination aus L-Arginin und Maca-Extrakt. Letzteres ist eine Pflanze aus den peruanischen Anden, die Studien zufolge für mehr Leistungsfähigkeit und Vitalität sorgt und somit die Wirkung von L-Arginin ergänzt. Oftmals wird L-Arginin auch mit L-Citrullin kombiniert, welches die natürliche Vorstufe von L-Arginin ist und zeitverzögert in L-Arginin umgewandelt wird. Dadurch wird die Wirkdauer des Produkts verlängert. Bei einigen Präparaten werden L-Arginin, L-Citrullin und Maca miteinander kombiniert, teilweise sogar noch mit Cordyceps sinensis, einem chinesischen Pilz, der ebenso die Leistungsfähigkeit steigern soll.

Zu sportlichen Zwecken erfolgt die Einnahme von L-Arginin in der Regel 30 bis 60 Minuten vor dem Training, als Schlafunterstützung natürlich in den Abendstunden. Die Kapseln sollten mit ausreichend Flüssigkeit eingenommen werden.

Eine Zufuhrempfehlung durch die Deutsche Gesellschaft für Ernährung (DGE) gibt es derzeit noch nicht. Menschen, die aus gesundheitlichen Gründen mit L-Arginin supplementieren, greifen in der Regel zu 1 bis 2 Gramm pro Tag. In Zeiten von starkem seelischem oder körperlichem Stress kann die Dosierung auch höher ausfallen. Nebenwirkungen, vor allem Magen-Darm-Beschwerden wie Bauchschmerzen und Übelkeit, treten erst bei einer Zufuhr von mehr als 15 Gramm pro Tag auf.

L-Arginin Base oder Arginin HCL: Was ist besser?

Neben dem viel höheren Gehalt an L-Arginin besitzen die Base noch weitere Vorteile. Der pH-Wert liegt im basischen Bereich, wodurch die Aminosäure eine viel höhere Bioverfügbarkeit besitzt vom Körper besser aufgenommen werden können. Außerdem wird das Arginin BASE Produkt durch fermentierte Gerste gewonnen und ist damit 100% pflanzlich. Arginin HCL gewinnt man aus tierischen Produkten, z. B. aus Entenfedern.

Kurz zusammengefasst

  • L-Arginin ist eine proteinogene Aminosäure, was bedeutet, dass sie direkt an der Proteinsynthese mitwirkt.
  • Arginin ist außerdem eine semiessentielle Aminosäure, kann also vom menschlichen Körper selbst hergestellt, muss aber in bestimmten Situationen extern zugeführt werden.
  • Der Körper kann aus L Arginin auch Stickstoffmonoxid (NO) bilden, welches die Blutgefäße erweitert.
  • L-Arginin ist sowohl in tierischen als auch in pflanzlichen Lebensmitteln enthalten, am meisten in Kernen und Nüssen.
  • In der Medizin wird es vorwiegend zur Behandlung von kardiovaskulären Erkrankungen eingesetzt, beispielsweise Arteriosklerose und Bluthochdruck.
  • Im Bodybuilding- und Fitness-Bereich kommt L-Arginin als Nahrungsergänzungsmittel zum Einsatz, um den sogenannten „Pump“ zu verbessern und bei der körpereigenen Biosynthese von Kreatin zu unterstützen.
  • Eine Einnahme ist sowohl für kranke als auch für gesunde Menschen sinnvoll, da es einerseits bei Erkrankungen hilft und andererseits der körperlichen Leistungssteigerung dient.
  • Es gibt keine wissenschaftlichen Belege dafür, dass es auch als Potenzmittel eignet.
  • Arginin BASE ist besser als L Arginin HCL, da 100% natürlich aus fermentierter Gerste
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